Die Presse schreibt

Endlich mal wieder „Hitzefrei“

Jutta Klawuhn und Sabine Essich bieten einen unterhaltsamen Abend voll glühender Hitzewallungen

Von Babette Caesar Schwäbische Zeitung

RAVENSBURG Unverhofft kommt sie oft. An allen möglichen Orten kriecht sie langsam von innen hoch, breitet sich aus und dringt durch die Körperporen nach außen. Endlich mal wieder hitzefrei, wünschen sich Frauen in den Wechseljahren. Schauspielerin Jutta Klawuhn und Sängerin Sabine Essich haben sich dem leidigen Thema angenommen und sich einen Spaß daraus gemacht. Am Mittwochabend im Theater Ravensburg, wo auf Grund der großen Nachfrage ihre Lesung mit Musik vom Café in den Saal verlegt wurde.

Frauen so weit das Auge reicht. Doch es gab unter den über 120 Zuschauerinnen, wenn auch sehr vereinzelt, männliche Besucher, die sich diese Gaudi voller Sprachwitz und vokalen Ausuferungen gegönnt haben. Von Beginn an haben Klawuhn und Essich eine lockere, intime Steggreifatmosphäre geschaffen. Kann man schwitzen lernen, hätte als Motto herhalten können. Eine Frage, die sich selbstredend mit einem Nein beantwortet, und damit Tür und Tor öffnet für Mögliches und Unmögliches. Essischs im afrikanischen Rhythmus gesungene Persiflage auf das Klimakterium, nämlich die „Kli-Mama“, treibt ebenso schräge Blüten wie Klawuhns Gelesenes aus „Mein letzter Tampon“.

So sei es doch kein Wunder, wenn Frauen ab 50 altersschwachssichtig würden oder das Kurzzeitgedächtnis schlapp mache. Umspannen von Wechselstrom auf Gleichstrom lautet ab sofort die Devise. Ein Gedanke, der sich als durchaus sinnstiftend erweisen könnte, zumindest diesem noch ungewohnten Phänomen mit mehr Humor zu begegnen hilft. Das Duo schafft mit seiner Reise durch weibliche Abgründe viel Nähe zum Publikum, hält aber auch genügend Distanz, um sich nicht selbst zu veralbern. Es wechselt zwischen Gelesenem – dabei geraten die Passagen aus dem Fannie Flaggs Buch „Grüne Tomaten“ etwas lang, doch die Pointe macht das wieder wett – und Chansons, die in ihrem ironischem Unterton nach Brechtschem klingen. Wandlungsfähig kokettiert Essichs Soulstimme mit aufrüttelnden Popklassikern wie „The ring of fire“ und macht aus jazzigem Groove hellhörige Jodler.

Was den „Persönlichen tropischen Momente“ den Wind aus den Segeln nimmt, ist kein Schrittzähler, den eher Männer gegen den Hormonstau benötigen, sondern sind Fächer und Ventilator. Hat Frau weder das eine noch das andere zur Hand, heißt es durchhalten und auf „Menos Muttis ambulante Erstversorgung“ vertrauen. Auf die schlichte Erkenntnis, dass es kein Malheur mehr im weißen Kleid gibt, dass nächtliche Schlaflosigkeit ein ideales Zeitfenster bietet, und dass Weiteressen die Falten aufbläht – vollkommen botoxfrei.